Der DIN-Meßbus entstand in Zusammenarbeit zwischen Herstellern
im Bereich der Fertigungsmeßtechnik, Anwendern aus der Automobilindustrie
und der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt als typische Anwendernorm.
Er wurde für die OSI-Schichten 1 und 2 im September 1989 als DIN 66
348 Teil 2: "Schnittstellen und Steuerungsverfahren für die serielle
Meßdatenübermittlung, Start-Stop-Übertragung, 4-Draht-Bus"
genormt. Die meßtechnische orientierte Anwendungsschicht wurde als
DIN 66348-3: 1995-4 im Entwurf herausgegeben und im Dezember 1995 als Norm
beschlossen. Der DIN-Meßbus setzt sich von anderen Feldbussen durch
die Verwendung einer Voll-Duplex-Übertragung ab. Daraus folgt eine
sehr hohe Busverfügbarkeit und Fehlertoleranz. Physikalisch defekte
oder mit Protokollfehlern behaftete Teilnehmer blockieren nicht das gesamte
Bussystem sondern nur die Teilnehmersendeleitung zur Leitstation. Über
die freie Empfangsleitung können durch Rundruftelegramme Notdienste
für alle nicht gestörten Teilnehmer veranlaßt und Wartungsdienste
über spezielle Meldestationen angefordert werden. Vorteilhaft ist
bei der Voll-Duplex-Technik auch die geringe Prozessorbelastung und der
einfache Aufbau von Leitungsverstärkern (Repeatern) und Ankoppelschaltungen
für andere Übertragungsmedien (Infrarotstrecken, Lichtwellenleiter).
Teilnehmer können rückwirkungsfrei am Bus zu- oder abgeschaltet
werden; eine unterbrochene Datenübertragung wird nach wiederhergestellter
Verbindung problemlos fortgeführt. Das flexible Busmanagement erfaßt
hinzukommende oder fehlende Teilnehmer ohne Störungen und ohne die
Notwendigkeit zur erneuten Initialisierung des Systems. Eine Besonderheit
des Übertragungsprotokolls ist die sehr kurze Statusanfrage, mit der
die Leitstation feststellen kann, ob bei einem Gerät Daten zur Übertragung
anliegen. Dies dient insbesondere der schnellen Ereignisbearbeitung (schnelle
Reaktion z.B. auf Grenzwertüberschreitungen). Beim Warten auf Ereignisse
hat der DIN-Meßbus damit eine überdurchschnittlich hohe Abfragerate.
Die klassische Master-Slave-Struktur des DIN-Meßbusses (Bild 1) führt
zu sehr übersichtlichen Anwendungen, da die Applikationsprogramme
lediglich im Master gefahren werden. Ein weiterer Vorteil dieser Struktur
sind die besonderen Möglichkeiten beim Busmanagement. Die Busteilnehmer
können beim Polling unterschiedlich häufig bedient werden, woraus
sich große Freiheitsgrade bei der Festlegung von Reaktionszeiten
ergeben.
Bild 1: Busstruktur nach DIN 66 348 Teil 2
Der mit der Master-Slave-Struktur verbundene hierarchische Aufbau erleichtert die Integration eines DIN-Meßbus-Netzes in andere Netzwerke (LAN, WAN). Der Master wird dabei als Gateway ausgeführt, was besonders einfach für Netze mit MMS (Manufacturing Message Specification) zu realisieren ist, da die Anwenderschicht zum DIN-Meßbus (DIN 66348-3) auf MMS basiert. Neben 7 sog. Basisdiensten (Verbindungsaufbau, -abbau und -abbruch, Auftragsbearbeitung, Auftragsabbruch, Ereignis- und Ablauffehlermeldung) werden drei Anwendungsdienstgruppen (Variablendienste, speicherbereichsbezogene Dienste und Dienste zur Programmsteuerung) und die drei allgemeinen Dienste 'Status', 'Identifikation' und 'Übertrage Namensliste' beschrieben. Da nur drei dieser Dienste obligatorisch sind, können sowohl umfangreiche Anwendungen als auch einfache Sensoren mit nur einem Anwendungsdienst, z. B. 'Variable lesen', realisiert werden. Die Codierung erfolgt auch hierbei im ASCII-Format. In einem in Arbeit befindlichen Teil 4 zu DIN 66 348 werden meßtechnische Variable, Befehle und Funktionen definiert sein, die die Steuerung von Meßfunktionen, die Übergabe von Meßparametern sowie die Erfassung und Darstellung der zu übertragenden Daten für unterschiedliche Anwendungen erleichtern. Einbindungen von DIN-Meßbus-Geräten in Standardmeßprogramme wie LabWindows und TestPoint wurden bereits von mehreren Firmen realisiert.
Der DIN-Meßbus wurde für die sichere und preiswerte Kommunikation von Geräten zur Messung, Überwachung und Erfassung von Prozess- und Betriebsdaten konzipiert. Er ist - wie viele andere Feldbusse auch - weniger geeignet für die zeitäquidistante Erfassung hochdynamischer Vorgänge ("Abtastung") mit sehr kurzen Datensätzen. Diese Aufgabe kann nur von speziellen Sensor/Aktor- Bussystemen optimal wahrgenommen werden. Ebenso grenzt sich der DIN-Meßbus ab gegen aufwendigere aber schnelle Rechner-Rechner-Netzwerke, in denen der wahlfreie Zugriff aller Teilnehmer und die Übertragung sehr großer Datenmengen gefordert sind. Der Übergang in solche Netzwerke (z.B. MAP/MMS) kann jedoch durch die Leitstation als Gateway in einfacher Weise realisiert werden.
Der DIN-Meßbus wurde konzipiert als preisgünstige Schnittstelle
für den gesamten Bereich der industriellen Meß- und Prüftechnik.
Dies schließt Aufgaben der Fertigungsmeßtechnik, der rechnergesteuerten
Qualitätssicherung (QS) im "kleinen Qualitätsregelkreis",
der statistischen Prozeßkontrolle (SPC), der Überwachung von
Fertigungseinrichtungen und verfahrenstechnischen Abläufen sowie die
Betriebs- und Maschinendatenerfassung (BDE/MDE) mit ein. Darüberhinaus
wird er auch bei speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS) erfolgreich
eingesetzt. Wegen seiner technischen Eigenschaften eignet sich der DIN-Meßbus
auch für Anlagen und Geräte, die dem gesetzlichen Meßwesen
unterliegen (Eichpflicht). Beispiele hierfür sind Tankanlagen, Durchflußmeßeinrichtungen
und Geräte der Wägetechnik. DIN 66 348 Teil 2 erfüllt die
Anforderungen der PTB-Richtlinie 50.20 für Mehrpunktverbindungen und
damit eine wichtige Forderung bei der Bauartzulassung von Geräten.
Kriterien für eine Entscheidung von Herstellern oder Anwendern, den
DIN-Meßbus einzusetzen, sind neben der Fähigkeit zur effektiven
Übertragung von Meßdaten und Parametern in den genannten Anwendungsbereichen
weitere, grundsätzliche Anforderungen der industriellen Praxis, denen
der DIN-Meßbus in besonderer Weise Rechnung trägt. Insbesondere
mittelständische Firmen der Fertigungs- und Verfahrenstechnik, aber
auch große Fertigungsbetriebe wie die Automobilindustrie mit übergeordneten
MMS-Netzen sind Zielgruppe des DIN-Meßbusses.